Warum das "Schweizer Modell" nicht auf Österreich umlegbar ist
In der Schweiz (wie auch in Deutsachland) ist die Dichte an PsychotherapeutInnen gering. Dort muss für eine volle Psychotherapieausbildung das Medizin- oder Psychologiestudium abgeschlossen werden und zusätzlich eine entsprechend aufwändige Aufbauausbildung für Psychotherapie absolviert werden. Der Weg ist also lang und teuer (im NQR ist die klinische- und Gesundheitspsychologie auf Rang 8 des NQR einem Doktorat gleichgestellt). In Deutschland gibt es daher den Beruf des "Heilpraktikers in Psychotherapie", dafür ist keine Ausbildung, sondern nur eine Prüfung beim Gesundheitsamt nötig. Hier werden keine Beratungskompetenzen geprüft, sondern nur Wissen. Die Ausbildung in Psychotherapie ist also weder im Bereich Kosten noch Ausbildungdauer mit der Beratungsausbildung vergleichbar.
In Österreich liegt die Sache völlig anderes. Psychotherapie setzt über den "Genieparagraphen" nicht einmal eine Matura voraus. Die von den entsprechenden Stellen im Gesundheitsministerium geplante Akademisierung drängt schon jetzt Ausbildungseinrichtungen an Universitäten und die meisten Ausbildungen in PT schliessen heute schon mit Mastertiteln (allerdings sogenannten "Weiterbildungsmastern") ab (im NQR vermutlich Stufe 6, da kein Bachelorstudium nötig ist). Der Ruf der PsychotherapeutInnen ist aber leider deutlich besser als jener der Lebens- und SozialberaterInnen. Wir werden uns mit den Ursachen dafür noch befassen. Wenn nun in Österreich zwei Ausbildungswege (LSB und PT) ansatzweise gleich teuer sind, aber PT einen besseren Ruf hat und mehr Berufsmöglichkeiten eröffnet (vor allem im Gesundheitssystem), gibt es wohl nur sehr wenige Gründe unter den neuen Voraussetzungen den Beruf der Lebens- und Sozialberatung anzustreben. Fazit: Die neue Regelung macht den Beruf "Lebens- und SozialberaterIn" obsolet.
Das österreichische System bietet also mit der LSB einen multimethodischen Beruf im psychosozialen Bereich, dessen VertreterInnen nicht nur abprüfbares Faktenwissen haben, sondern auch Handlungskompetenzen. Warum Herr Herz dem in vielen Bereichen schlechteren Modell der Schweiz folgen will, ist unverständlich.